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BERLINER ERKLÄRUNG

Gemeinsame Forderungen von 17 Frauenverbänden an die Parteien zur Bundestagswahl 2017

Gespräch mit Katrin Göring-Eckardt Spitzenkandidatin BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Berlin, 18. Juli 2017: Gespräch mit Katrin Göring-Eckardt (und Ulle Schauws), Spitzenkandidatin von Bündnis 90/Die Grünen mit den Vertreterinnen der Berliner Erklärung 2017 am 01. Juni 2017

  1. Was denkt Ihre Partei über eine Ausweitung der Quote auf die börsennotierten und voll mitbestimmten Unternehmen, sowie auf die verschiedenen Unternehmensrechtsformen? Und welche Sanktionen können Sie sich vorstellen?

Ulle Schauws stellt klar, dass vor allem das Thema Parität kein neues sei. In der letzten Wahlperiode sei es nicht diskutiert worden, aber davor schon. In dieser Wahlperiode hat man sich eine ganze Weile nicht damit beschäftigt, aber es gibt eine verfassungsrechtliche Schwierigkeit, wie man das löst. Mittlerweile gibt es aber Beispiele aus dem europäischen Ausland dazu. Die Entscheidung sei, ob man den politischen Willen habe, diese verfassungsrechtlichen Hürden zu nehmen. Frau Göring-Eckardt ist der Meinung, die Quote sei immer noch das wirksamste Mittel, dies stehe auch im Grünen Wahlprogramm. Es komme sehr darauf an, mit wem verhandelt wird, und wo dann die Grenzen gesetzt werden. Wichtig sei auch die Verwaltungsebene und nicht nur die Wirtschaft, denn „da drunter geht es weiter“. Die Quote sei eine Baustelle an der man definitiv arbeiten muss, auch an einer Quote in der Politik. Das wird in der kommenden Legislaturperiode ein zentraler und ein wichtiger Punkt.

  1. Wie kann die Quotierung bei der Vergabe öffentlicher Gelder und die paritätische Besetzung von Gremien Ihrer Meinung nach stärker eingefordert werden?

Frau Schauws versichert, dass eine Quotierung sichergestellt werden könne, wenn die Grünen mitregieren. Das „ewige Bretter bohren“ wird jedoch bleiben, egal ob Regierung oder nicht. Auch hier müsse man den Willen haben mit den Ländern zu verhandeln und mit dem Bund als gutes Beispiel voran zu gehen. Es gebe die Möglichkeit, dort wo Einfluss genommen werden kann, öffentliche Gelder und Gremien paritätisch zu verteilen und Sichtbarkeit zu schaffen (z.B.: bei der Vergabe von Preisen). Die paritätische Besetzung müsse strukturell angegangen werden und vor allem müsse man konstant dranbleiben. Zusätzlich sollte es sich quer durch alle Ministerien ziehen.

  1. Welche Alternativen haben wir zum Ehegattensplitting?

Göring-Eckardt erklärt, dass das Ziel der Grünen die Abschaffung des Splittings sei, sodass es für Neu-Ehen nicht mehr gelte. Familie beginnt dort wo Kinder sind, unabhängig davon ob die Eltern mit Trauschein oder ohne miteinander leben, oder ob sie verheiratet, verpartnert oder alleinerziehend mit Kindern leben. Die Grünen wollen die Abschaffung des Ehegattensplittings mit einer Reform der Familienförderung- dem sog. Familienbudget-  verbinden. Für bereits Verheiratete und Verpartnerte gelte dann: Sie können entscheiden, ob sie das alte Recht mit Ehegattensplitting, Kindergeld und Kinderfreibeträge behalten oder in die neue Regelung mit Kindergrundsicherung und Individualbesteuerung wechseln.

  1. Was halten Sie von der Idee Schulfächer einzuführen, wie beispielsweise Wirtschaft und Lebensökonomie oder Informatik/Technik, um mit stereotypen Berufsbildern aufzuräumen, auch Männer für soziale Berufe zu begeistern und die Gleichstellung der Pflegeberufe auch ökonomisch herzustellen?

Hier stellt sich für Göring-Eckardt vorrangig die Frage, wie es sein kann, dass Erzieherinnen weniger verdienen als ein Professor. Sie macht sich dafür stark mit der Gleichstellung „von unten anzufangen“, wie beispielsweise bei den Pflegekräften. Bei der Nachfrage nach der Finanzierung bekräftigt sie, dass sich das über die Pflege Kasse finanziere. Man wisse seit Jahren, dass die Leute bereit sind dort mehr zu bezahlen. Es müsse eine Gleichheit hergestellt werden, sonst werde irgendwann niemand mehr Pfleger oder Erzieher werden.

  1. Wie können wir Sie unterstützen, sodass Gleichstellung eine Querschnitts Aufgabe wird?

Göring-Eckardt bekräftigt dass die Unterstützung und vor allem „das Nerven“ das von den Verbänden komme, um immer wieder an bestimme Themen erinnert zu werden, helfe. Man müsse sich bewusst machen, dass eine das eine Macht sei, die an diesem Tisch sitze und diese müsse entsprechend genutzt werden. „Es ist eine große Hilfe, wenn ich Sie höre. Und wenn die anderen Sie auch hören. Reden Sie mit allen und machen Sie denen klar wer dahintersteht. Das ist kein Nischenthema und es muss gehört werden“ sagt Göring-Eckardt. Schauws bekräftigt, dass die bestehenden Allianzen sichtbar werden müssen und man das Wort Gender an keiner Stelle vermeiden sollte.

  1. Wie können wir gemeinsam weiter kommen um die Verbindlichkeit zu erhöhen?

Göring-Eckardt betont die strukturelle Verankerung von Anfang bis Ende. Beim Normenkontrollrat könnten manche Fragen angestoßen werden, lange bevor das Gesetz komme. Die elementare Frage sei, was bedeutet was für wen. Es müsse danach geschaut werden, welches Gesetz welche Auswirkungen für Männer und für Frauen habe. Bei anderer Gelegenheit könne man mal genauer schauen wo man da ansetzen könnte.

Das Gespräch führte Monika Schulz-Strelow, Präsidentin von FidAR (Frauen in die Aufsichtsräte e.V.)

Ergebnisprotokoll Gespräch mit Katrin Göring-Eckardt, Spitzenkandidatin BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN als PDF

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Weitere Bundesprogramme zur Förderung von Frauen in technischen Berufen
Nachhaltige Bundesprogramme mit spezifischen Angeboten für Mädchen und junge Frauen entlang der Bildungskette für MINT und digitale Technologien, damit sie als gleichberechtigte Gestalterinnen an digitalen und technischen Entwicklungen mitwirken können.

Schulfach Lebensökonomie
Darin sollen gesellschaftsrelevante und ökonomische Kenntnisse vermittelt werden, wie beispielsweise gesamtwirtschaftliche Zusammenhänge, privates Finanzmanagement, verbraucherrechtliche Fragen, die Folgen von Berufswahl, Aufteilung von Sorge- und Erwerbsarbeit in der Partnerschaft sowie die Auswirkungen des eigenen Handelns auf Umwelt, Klima und Ernährung.

  • Erhöhung der Partnermonate.
  • Familieneinkommen als Bemessungsgrundlage.
  • Familienarbeitszeit.
  • Einführung einer Freistellung des zweiten Elternteils nach der Geburt in Anlehnung an den Mutterschutz.
  • Anpassung des Mutterschutzes für berufstätige Schwangere im Gesundheitswesen, damit sie qualifiziert in ihrem Beruf weiterarbeiten können.
  • die Ratifizierung der ILO Resolution 190;
  • die Reform des Allgemeine Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) um bestehende Lücken, wie bei Studierenden, zu schließen;
  • die konsequente Anwendung vorhandener Regelungen wie der Beschwerdestellen in den Betrieben, die bekannter und wirksamer gemacht werden müssen.

Geschlechtergerechte Ausgestaltung der Digitalisierung
Die Voraussetzung um die Chancen der Digitalisierung nutzen zu können, ist der Zugang zu Hard- und Software sowie zu schnellem Internet. Es sollen gesetzliche Regelungen für Erklärbarkeit und Überprüfung von diskriminierungsfreien Algorithmen und KI-Anwendungen geschaffen werden. (z.B. Personalgewinnung und -entwicklung, Arbeitsplatzbewertung, Kredit-vergaben).

  • insbesondere durch Jobsharing in Führungspositionen.
  • Einführung des bundesweiten Ganztagsanspruch für Kita und Grundschule.
  • Umsetzung der Rechte zum Schutz von Eltern.
  • Flexibilisierung und Individualisierung von Arbeitsmodellen, familien-bewusste Führung, etc.
  • Strikte Einhaltung des Arbeitszeitgesetzes in Kliniken (ggf. Sanktionen).
  • Vereinfachung des Verfahrens im Entgelttransparenzgesetz, damit die zu erlangenden Informationen aussagekräftiger werden;
  • Konkretisierung der Verpflichtung zur Durchführung zertifizierter, umfassender Prüfverfahren zur Entgeltanalyse;
  • wirksame Sanktionen für Unternehmen, die die Prüfung und Erfüllung der Berichtspflicht unterlassen.
  • Die priorisierte staatliche Unterstützung medizinischer Forschungsvorhaben mit klarem Genderbezug (bereits in der Grundlagenforschung) sowie die verbindliche Verankerung geschlechtsspezifischer Medizin in der Lehre aller medizinischen Fächer der Approbationsordnung.
  • Genderspezifische Berichterstattung im öffentlichen Gesundheitswesen durch relevante Institutionen (z.B. RKI).

Stufenplan zur Herstellung von Parität in Vorständen und Aufsichtsräten privater und öffentlicher (mit Mehrheitsbeteiligung des Bundes) Unternehmen, sowie Körperschaften/Anstalten des öffentlichen Rechts:

UnternehmensartAufsichts-/ VerwaltungsratVorstand / Geschäftsführung
Börsennotiert und voll mitbestimmtMind. 40% bei Neubesetzungen
Ab 2026 Parität
Ab 2026 mind. 40%
Ab 2030 Parität
Börsennotiert oder mitbestimmt sowie die zusätzlichen UnternehmensformenMind. 30% bei Neubesetzungen
Ab 2026 mind. 40%,
Ab 2030 Parität
Vorstand >3 P, mind. 1 Frau Vorstand >5 P, mind. 33%
Ab 2026 mind. 40%
Ab 2030 Parität
Bundesunternehmen (Mehrheitsbeteiligungen) Körperschaften/Anstalten des öffentlichen RechtsAb 2026 ParitätMind. 40% bei Neubesetzungen
Ab 2030 Parität